Agiles Coaching bei viadee spark

Coaching

Um agiles Coaching zu verstehen, werfen wir zunächst einen Blick auf Coaching in seiner ursprünglichen Form. Professionelles Coaching folgt einem strukturierten Prozess, in dem ein:e Coach:in durch Fragetechniken und Visualisierungsmethoden eine Selbstreflexion bei von Klient:innen auslöst. Die gecoachte Person kann so neue Verhaltens- oder Handlungsmöglichkeiten basierend auf den eigenen Ressourcen identifizieren, die sie in die Lage versetzen, alternative Lösungen zu ihrer zuvor selbstgewählten Zielsetzung zu finden.

 

Abbildung 2: Wirkungsweise vom Coaching (vereinfacht)

Abbildung 2 zeigt, an welcher Stelle Coaching ansetzt. Wirksames Coaching drückt sich in einem veränderten Verhalten der gecoachten Person aus. Dieses veränderte Verhalten versetzt sie in die Lage, neue positive Erfahrungen zu sammeln, welche alte Denkmuster im Kopf nachhaltig aufbrechen.

Die Verantwortungen im Coaching sind klar getrennt. Ein:e Klient:in ist Expert:in für das eigene Thema und die Lösung. Ein:e Coach:in ist Spezialist:in für Prozess und Methode. Er:Sie nutzt Reflexionsangebote und Impulse (Interventionen), damit ein:e Klient:in neue Perspektiven einnehmen und das selbst gewählte Veränderungsziel aus eigener Kraft nachhaltig erreichen kann.

Coaching ist somit ein zukunftsorientierter Lösungsfindungsprozess, der darauf abzielt, alternative Handlungsmöglichkeiten aufseiten von Klient:innen zu identifizieren. Um diesen Prozess durch eine:n Coach:in gestalten zu können, benötigt es eine spezielle innere Haltung und ein Menschenbild des:der Coaches:Coachin gegenüber dem:der Klient:in und seinem:ihrem Thema. Innere Haltung und Menschenbild einer:eines Coachin:Coaches sind hierbei gekennzeichnet durch

• wohlwollenden Respekt
• wertschätzende Empathie
• vertrauensvolle Augenhöhe

 

Was ist agiles Coaching?

Genauso wie im professionellen Coaching setzt agiles Coaching eine innere Haltung sowie ein souveränes, nicht übergriffiges Selbstmanagement von Coach:innen voraus. Ebenso bedient sich agiles Coaching beim professionellen Coaching, in dem bei Klient:innen über Fragestellungen Reflexionen ausgelöst und neue Perspektiven eröffnet werden. Diese Zielsetzungen, Fragestellungen und neu generierten Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten finden in der Regel in einem agilen Kontext statt.

Gleichzeitig ist die Einführung von Agilität im Unternehmen oft mit fundamentalen Veränderungen in Einstellung und Denken verknüpft. Nicht immer beinhaltet der Lösungsraum von Coaches, des Teams oder des Unternehmens mehrere bis alle Handlungsoptionen, weil die agilen Handlungskompetenzen (noch) nicht in allen Organisationsformen ausreichend entwickelt sind. Dies zeigt sich beispielsweise bei folgenden Fragestellungen:

• Was macht das agile Mindset aus?
• Wie sieht eine agile, produktorientierte Unternehmensstruktur aus?
• Was bedeutet Selbstorganisation?
• Worin unterscheiden sich klassische und agile Führung?

In diesem Fall bedienen sich agile Coaches zusätzlich der Ansätze des Mentoring, Teaching, Facilitating und Consulting, um die Handlungsoptionen und den Lösungsraum der Klient:innen zu erweitern.

Mentoring

Agile Coaches sind Expert:innen in ihrem Gebiet und bringen eine umfassende Erfahrung mit. Diese Erfahrungen können sie einsetzen, um Anleitung und Orientierung auf individueller oder Teamebene zu geben. Bezogen auf ein Thema oder eine Fragestellung schöpfen Coaches aus dem eigenen Wissen und Erfahrungsschatz, um Handlungsalternativen oder Ratschläge zu geben. Diese können dann von den gecoachten Personen bewertet und reflektiert werden.

Mentoring ist dabei ein Austausch auf persönlicher Ebene und bietet sich oft im Rahmen einer Betreuung von Personen an, welche gerade in die Rollen Scrum Master:in und Product Owner:in „hineinwachsen“. In einem sogenannten „Rollen-Coaching“ kann über Feedback und Erfahrungsvermittlung das Verhalten der Personen reflektiert und um Handlungsalternativen erweitert werden.

Abbildung 3 visualisiert die Unterschiede zwischen Mentoring und Coaching. In der Rolle des Mentors bzw. der Moderatorin lässt ein:e agile:r Coach das eigene Expertenwissen einfließen. In der Rolle eines reinen Coaches erfolgt kein Wissenstransfer, da die Klient:innen als Expert:innen der Lösung angesehen werden.

 

Abbildung 3: Unterschiede zwischen Mentoring und Coaching

Beratung

Im Falle einer Beratung geben Coaches Lösungsvorschläge oder Antworten zu konkreten Problemstellungen von Klient:innen. Sollte beispielsweise ein:e Product Owner:in Schwierigkeiten mit der Strukturierung des Backlogs haben, so ist die Vermittlung der Methode des Story Mappings im Rahmen eines Hands-on Methoden-Coachings ein gangbarer Weg.

Ein signifikanter Unterschied zum Mentoring ist hier, dass Consulting in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Personen (bspw. Vorstand, HR-Abteilung) über einen kürzeren Zeitraum geschehen kann. Beim Mentoring existiert oft eine 1:1-Beziehung zwischen Mentor:in und Klient:in, die durch ein starkes Vertrauensverhältnis geprägt ist. Mentoring stellt somit vornehmlich die persönliche Entwicklung von Klient:innen in den Mittelpunkt, Consulting vorrangig die Lösung des methodischen/technischen Problems.

Lehre

Lehren ist die direkteste Art der Wissensvermittlung. Hierzu können die Erläuterung agiler Frameworks (Scrum, Kanban) oder auch entsprechender Denkansätze und das Lehren von Werten und Prinzipien (Agiles Manifest) oder Systemdenken gehören.

Bei viadee spark nutzen wir bspw. Lehren in unserem Scrum-Seminar, um Teams im Rahmen eines Projekt-Kickoffs auf die Scrum-Methodik vorzubereiten und sie mit ihnen vertraut zu machen. In diesem Fall ist es notwendig, die Grundlagen in einer Schulung oder einem Workshop zu vermitteln, um eine gemeinsame Basis aller Beteiligten sicherzustellen.

Moderation

Agile Coaches führen ebenfalls die Moderation von Meetings und Workshops durch. Ihre innere, nicht übergriffige Haltung ermöglicht es ihnen, neutral gegenüber Inhalt und Person zu bleiben und für eine faire Atmosphäre auch bei schwierigen Fragestellungen und Themen zu sorgen. Moderation von Events zur Teamzusammensetzung können hier genauso dazugehören wie die Moderation eines Workshops zur Identifikation von gemeinsamen Teamwerten.

Herausforderungen des agilen Coachings

Durch das Anwenden und Wechseln innerhalb der verschiedenen Rollen besteht beim agilen Coaching die Gefahr, dass der:die Coach die eigene Dissoziation verliert und zu sehr Bestandteil des Systems der Klient:innen wird. Dies wiederum erhöht die Gefahr der „Betriebsblindheit“ und vermindert potenziell den Wirkungsgrad des Coaches.

Ebenso kann ein Wechseln in den Rollen dazu führen, dass Klient:innen in eine Abhängigkeit zum Coach geraten(bspw. in der Rolle Berater:in). Eine Klientin überträgt in einem solchen Fall bspw. das gleichgestellte Maß an Verantwortung zum Erreichen des Coaching-Zieles auf den Coach und begibt sich möglicherweise in ein Verhältnis, in welchem die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Klientin verloren geht.

Aus diesem Grund ist beim Ausüben der o. g. Rollen Erfahrung und Fingerspitzengefühl gepaart mit klarer Kommunikation sowie regelmäßige Selbstreflexion des Coaches notwendig.

Fazit

Agile Coaches sind Begleiter:innen, wenn es darum geht, Individuen, Teams oder ganze Organisationen dabei zu unterstützen, Agilität zu verstehen, anzuwenden und zu leben. Hauptintention ist es dabei, mittels eines strukturierten Prozesses die Klient:innen beim Finden ihrer eigenen, für sie passenden Ziele und Lösungswege sowie beim Interpretieren und Reflektieren von Erfahrungen zu unterstützen.

Agile Coaches bedienen sich dabei der oben genannten Tätigkeiten, um auf unterschiedliche, dem Auftrag sowie der Situation und dem Reifegrad der Klient:innen angemessenen Impulse (Intervention) zu setzen. Gerade wenn Agilität neu für ein Unternehmen ist, können sich direktere Impulse anbieten, um den Lösungsraum zu erweitern. Mit zunehmender Erfahrung verschieben sich Beratungsansätze zu spiegelnden Coaching-Ansätzen.

Ein zentraler Baustein agilen Coachings ist vertrauensvolle Zusammenarbeit – in diesem Blogpost stellen wir unsere 3,5 Phasen des erfolgreichen Miteinanders vor.