23.06.2023
Maßnahmen, die verändern (und den Wirkungsgrad von Retrospektiven erhöhen)
Good Practices für die Erarbeitung und Gestaltung wirkungsvoller Maßnahmen.
Am Ende einer Retrospektive zählen die Veränderungen, die ein Team mit ihr erreicht. Dazu gilt es aus den bisherigen Erfahrungen Erkenntnisse zu gewinnen, um Verbesserungsmaßnahmen zu identifizieren und diese in den nächsten Iterationen in die Tat umzusetzen. In diesem Artikel liefern wir Good Practices für die Erarbeitung und Gestaltung wirkungsvoller Maßnahmen.
Am Ende einer Retrospektive zählen die Veränderungen, die ein Team mit ihr erreicht. Dazu gilt es aus den bisherigen Erfahrungen Erkenntnisse zu gewinnen, um Verbesserungsmaßnahmen zu identifizieren und diese in den nächsten Iterationen in die Tat umzusetzen. In diesem Artikel liefern wir Good Practices für die Erarbeitung und Gestaltung wirkungsvoller Maßnahmen.
Maßnahmen als Plan zur inkrementellen Weiterentwicklung
Ein Grundkonzept agilen Arbeitens ist die stetige Weiterentwicklung der eigenen Vorgehensweise. Das heißt auch, die eigene Arbeitsweise immer wieder zu reflektieren, um mögliche Verbesserungen zu identifizieren. Damit diese Verbesserungen in die Realität umgesetzt werden, bedarf es eines Plans, der sich gut durch konkrete Maßnahmen beschreiben lässt. Die Herausforderung ist nun, Maßnahmen zu definieren, die umsetzbar sind und sich zeitnah auf die angestrebte Verbesserung überprüfen lassen.
In der Retrospektive gilt es zunächst Beobachtungen zu reflektieren. Es geht nicht etwa darum, vordergründig Symptome zu nennen, sondern die eigentliche Ursache und die potenzielle Verbesserung zu erkennen. Eng damit verbunden ist die Frage, wie überprüft werden kann, ob eine Maßnahme zur Veränderung erfolgreich war. Hier hilft es, gemeinsame Kriterien festzulegen.
Smarte Maßnahme
Das Akronym SMART wurde ursprünglich im Rahmen der Formulierung eindeutiger und messbarer Ziele eingeführt. Aus unserer Sicht bietet es Leitlinien, die für die Maßnahmenentwicklung in Retrospektiven genauso hilfreich sind.
- Spezifisch
Die Maßnahmen sind für alle Beteiligten eindeutig formuliert und nachvollziehbar. - Messbar
Es gibt vereinbarte Kriterien, anhand derer die Umsetzung und der Erfolg einer Maßnahme nachvollzogen werden können. - Attraktiv
Die Maßnahme zielt auf eine relevante Veränderung ab, sodass genügend Motivation entsteht, sie auch umzusetzen. - Realistisch
Es ist realistisch, die Maßnahme umzusetzen, sowohl was das Verhältnis von Kosten und Nutzen als auch die äußerlichen Gegebenheiten (bspw. verfügbare Zeit) angeht. - Terminiert
Es gibt ein zeitliches Ende, zu dem der Erfolg einer Maßnahme geprüft werden kann.
Werden die Maßnahmen anhand dieser Kriterien kritisch hinterfragt, führt es meist zu präziseren und erfolgreicheren Maßnahmen. Natürlich kann dies auch dazu führen, dass Maßnahmen fallen gelassen werden. Und das ist gut so! Das Ziel ist, die wichtigsten Maßnahmen zu identifizieren, damit diese auch realistisch umgesetzt werden können.
Wird aus einer Maßnahme „Arbeitsplätze für eine bessere Zusammenarbeit verändern“ ein „Schreibtische im Teamraum bis Mittwoch nebeneinander stellen, um einfacher gemeinsam auf einem Bildschirm Fehler analysieren zu können (Benjamin & Nicole)“, so kann diese sowohl leicht umgesetzt als auch von allen bewertet werden. SMARTe Maßnahmen für greifbare Veränderung statt verstaubter Maßnahmenkataloge.
Wirkungskreise statt Wirkungskrise
Eine weitere Herausforderung bei der Identifikation von Maßnahmen ist, sich bewusst zu machen, inwiefern überhaupt Einfluss genommen werden kann. Dieser Einfluss variiert, weshalb bei der Maßnahmendefinition das Bild vom Wirkungskreis hilfreich sein kann.
Hierbei hat man in jedem Scope einen klaren Wirkungsgrad:
- Team Scope – Hoher Wirkungsgrad
Direkte, kurzfristige Veränderungsmöglichkeit - Umfeld – Mittlerer Wirkungsgrad
Eingeschränkte Wirkung: Informieren, Vermitteln, Kommunizieren - Universum – Geringer bis kein Wirkungsgrad
Beobachten und Werben
Macht sich eine Gruppe bewusst, in welchem Wirkungskreis eine Maßnahme angesiedelt ist, hilft dies zum einen, Erwartungshaltungen zu klären. Zum anderen kann dadurch die Maßnahme selbst geschärft und in einen anderen Wirkungskreis überführt werden. Beispielsweise kann aus „Die Unternehmensziele müssen verändert werden“ ein „Wir treffen uns mit Frau M. aus unserem Umfeld, um ihr die Konsequenzen fehlender Ziele für unsere Entwicklung vorzustellen, da sie engen Kontakt zur Geschäftsleitung hat“ werden.
Durch die transparente Verwendung dieser Wirkungskreise bei der Festlegung von Maßnahmen stellen wir immer wieder Lerneffekte bei Teams fest: Mit der Zeit entwickeln diese automatisch von vornherein SMARTe Maßnahmen.
Bilder sagen mehr als tausend Worte: Daher nutzen wir in Retrospektiven gerne ein Arbeitsplakat für die Sammlung, auf dem Maßnahmen bewusst den Wirkungskreisen zugeordnet werden. Damit auch Sie dieses Bewusstsein in Ihren Retrospektiven schaffen und die Einordnung einer Maßnahme anregen können, haben wir Ihnen unser Plakat am Ende des Artikels als Download bereitgestellt!
Wer hat noch nicht - Wer will nochmal?
Damit Maßnahmen auch zur Umsetzung kommen, gilt es eine oder einen Verantwortliche/n für die Umsetzung eindeutig zu benennen. Auch wenn ein Team sich ganz sicher ist, dass eine Umsetzung „schon klappen wird“, so empfiehlt es sich trotzdem, die Umsetzungsverantwortung zu klären, damit ein Impuls sichergestellt wird und die Maßnahme nicht in Vergessenheit gerät.
Die einfache Frage nach dem „Wer“ stellt einen Katalysator dar. Zum einen zeigt es, ob eine Maßnahme wirklich attraktiv genug ist, dass jemand diese Veränderung wirklich vorantreiben möchte. Zum anderen regt die Frage oft eine Diskussion über die Machbarkeit an. Während manche Teammitglieder wortwörtlich Maßnahmen und Aufgaben bis zur Übersättigung sammeln, benennen andere Teammitglieder lieber Maßnahmen, die – ihrer Meinung nach – andere umsetzen sollten. Als Moderator gilt es daher die Ausgewogenheit im Blick zu behalten. Indes die „Sammler“ oftmals Unterstützung brauchen, andere bei der Umsetzung mit einzubeziehen, so können die „Benenner“ motiviert werden, Maßnahmen auch selbst zu übernehmen.
Tipp hierbei ist, nachdrücklich auf die bewusste Bezeichnung „Umsetzungsverantwortung“ statt „Umsetzende(r)“ hinzuweisen. Zum einen lassen sich „Wird schon klappen“-Teams leichter motivieren, jemanden zu benennen, zum anderen kann den Sammlern bewusst gemacht werden, worin ihre Rolle besteht.
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Maßnahmen nachhalten
Nach der Retrospektive ist vor der Umsetzung der Maßnahmen: Zurück im Arbeitsalltag gilt es nun sicherzustellen, dass die identifizierten Maßnahmen auch umgesetzt und ihre Wirkung bewertet werden kann. Damit dies passiert, ist unsere klare Empfehlung, die Maßnahmen auch sichtbar zu machen. Wie das am besten funktioniert, ist von Team zu Team unterschiedlich. Ein guter Ansatzpunkt ist beispielsweise, sie dicht am Scrum- oder Kanban-Board zu platzieren, damit sie direkt im Blick sind, wenn die Teammitglieder auf das Board schauen. Manche Teams nehmen die identifizierten Maßnahmen sogar als Items mit auf das Board, um den Fortschritt zu genießen. Der Scrum Master darf in seiner Rolle gerne als „Gewissen des Teams“ fungieren und nachhaken, ob eine Maßnahme bereits umgesetzt wurde oder ob es vielleicht Hindernisse bei der Umsetzung gibt.
In folgenden Retrospektiven sollte eine Bewertung der Maßnahmen und ihrer Auswirkungen stattfinden, um zu identifizieren, welche Maßnahmen positive Effekte erzielen und welche wieder verworfen werden können. Zudem ermöglicht es dem Team, zu lernen, welche Art von Maßnahmen und welche Formulierungen für sie den meisten Mehrwert erzielen und am besten umzusetzen sind.
Inspect and adapt
Wenn Dinge nicht ausprobiert werden, ist nie gewiss, was funktioniert und was nicht. Daher gilt: Wer eine Idee für die Verbesserung der Arbeitsweise hat, sollte ihr auch eine Chance geben. Dabei sind folgende Dinge zu beachten:
- Verstehen
- Planen
- Umsetzen
- Veränderung prüfen
Definieren Sie Ihre Maßnahmen nach bestem Wissen und Gewissen. Solange Maßnahmen keinen unvertretbaren Schaden anrichten können, probieren Sie sie aus und lernen Sie schnell, ob es die richtigen Maßnahmen waren!
Blogreihe zu Retrospektiven
Dieser Artikel ist Teil unserer Blogserie, in der wir Praxiserfahrungen und Hintergrundwissen zu Retrospektiven und bewährten Methoden teilen möchten. Folgende Teile sind bereits erschienen oder erscheinen in den nächsten Tagen:
Teil 1: Retrospektiven – Team-Beschleunigung hoch zwei
Teil 2: Maßnahmen, die verändern (und den Wirkungsgrad von Retrospektiven erhöhen)
Teil 3: Heute schon gemuckert? Mucker-Karten-Retrospektive
Teil 4: Lean Coffee – Zeit für ein gutes Gespräch
Teil 5: 5 Tipps für eine effektive Retrospektive
Teil 6: High-Performance-Team-Retrospektive
Teil 7: Effektive Retros mit der 4G-Methode
Teil 8: Open-the-Box-Retrospektive
Teil 9: Halloween-Retrospektive in 5 Schritten
Teil 10: Alle Jahre wieder: Die Nikolaus-Retrospektive
Teil 11: Retrospektiven Abschluss
Autor:Innen
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