17.07.2023
Open-the-Box-Retrospektive
Sie möchten mit Ihrem Team existierende Arbeitsweisen, Werkzeuge und Verhaltensweisen reflektieren, damit sich das Team von Ballast lösen und neue bessere Wege eingehen kann? Die "Open-the-Box"-Methode unterstützt Sie hierbei. Auf sehr plastische Art und Weise können alle derzeitigen Aktivitäten transparent gemacht und reflektiert werden.
In einem weiteren Blogbeitrag unserer Retrospektiven-Reihe geht es darum, Unbewusstes bewusst zu machen und Gewohnheiten zu reflektieren.
In einem weiteren Blogbeitrag unserer Retrospektiven-Reihe geht es darum, Unbewusstes bewusst zu machen und Gewohnheiten zu reflektieren.
Die Grundidee
Wer kennt es nicht? Über Wochen, Monate oder auch Jahre sammeln sich allerlei Dinge an, die man gar nicht mehr bewusst wahrnimmt. Teilweise füllen sie Schubladen und Schränke. Manchmal schleppt man sie sogar unbewusst mit sich herum, da man sich einfach so an sie gewöhnt hat. Hier schlummert teilweise erheblicher Ballast, der einfach nur Platz verbraucht und so langsam mal entsorgt werden sollte. Ab und zu entdeckt man aber auch wertvolle Schätze, die nur aufpoliert werden müssen und dann den Alltag wieder bereichern. Das Gleiche gilt für Teamarbeit und -kultur. Manchmal sind es Werkzeuge oder Arbeitsschritte, manchmal auch Meetings oder Abstimmungen, an die sich alle gewöhnt haben und die eine gemeinsame Reflexion benötigen. Wird unnötiger Ballast aussortiert, so werden auch neue Arbeitsweisen in die Box und damit in das eigene Repertoire aufgenommen.
Die Box und ihre Hilfsmittel
Für die Open-the-Box-Retrospektive benötigt man folgendes Material:
- Leere Papp-Box (sollte geöffnet stehen können)
- Kleine neutrale Klebezettel (wenn möglich weiß oder hellgelb)
- Rote mittlere Klebezettel
- Grüne mittlere Klebezettel
- Stifte
- Zeitgeber (z. B. Timer Tab oder Handy)
Die Schritt-für-Schritt-Anleitung
SCHRITT 1: BOX VORSTELLEN
Bevor die Gruppe in die erste Fragestellung einsteigt, gilt es, die Box vorzustellen und zu erklären, wofür sie und ihr Inhalt stehen: „Stellt euch vor, in dieser Box ist alles enthalten, was euch als Team und eure Arbeit ausmacht.“ Diese Aussage kann mit Hinweisen ergänzt werden. Beispielsweise, dass „Alles“ vom Team-Kodex über Arbeitsweisen bis hin zu Werkzeugen, Meetings oder auch die Team-Kultur umfasst.
SCHRITT 2: BEWÄHRTES BENENNEN
Als erstes erarbeiten die Teilnehmer die Frage: „Welche Schätze befinden sich in der Team-Box und sollen dort bewusst bewahrt werden?“ Der Moderator öffnet demonstrativ die Box und bittet alle Teilnehmer, auf die kleinen weißen bzw. gelben Klebezettel all dies zu schreiben, was heute bereits in der Box enthalten ist und zukünftig enthalten bleiben soll. Für die Aufgabe wird eine Timebox von drei Minuten gegeben. Nach Ablauf der Timebox bekommt nun jeder Teilnehmer die Möglichkeit, seine Zettel an und in die Box zu kleben und die geschriebenen Inhalte der Gruppe vorzustellen.
SCHRITT 3: BALLAST IDENTIFIZIEREN
Nun stellt sich das Team die Frage: „Welche Dinge sollen aus der Box heraus?“ Hierfür schreiben die Teilnehmer auf einen roten Klebezettel den aus ihrer Sicht größten Ballast, der aus der Team-Box heraus soll. Für die Aufgabe gibt es eine Timebox von drei Minuten. Nach Ablauf der Timebox stellen die Teilnehmer ihren „Ballast“ vor und kleben ihn demonstrativ neben die Box.
SCHRITT 4: GEMEINSAM AUFRÄUMEN
In diesem Schritt wird in Zweier-Gruppen erarbeitet, wie der Ballast aus der Team-Box entfernt werden kann und was gegebenenfalls dafür in die Box aufgenommen werden muss oder soll.
Zunächst haben die Teilnehmer eine Timebox von 15 Minuten, um Zweier-Gruppen zu bilden und jeweils einen Ballast zu wählen, den sie bearbeiten. Die Zielsetzung jeder Zweier-Gruppe ist es, mindestens eine und maximal zwei Maßnahmen zu entwickeln, um den gewählten Ballast zu entfernen und gegebenenfalls zu ersetzen. Die Maßnahmen werden jeweils auf einen grünen Klebezettel geschrieben.
Nach Ablauf der Timebox stellen die Zweier-Gruppen ihre Maßnahmen allen Teilnehmern zur gemeinsamen Diskussion vor. Für die Vorstellung inklusive Diskussion stehen jeder Zweier-Gruppe fünf Minuten zur Verfügung. Während der Vorstellung werden die grünen Maßnahmen-Zettel in die Box geklebt.
Je nach verfügbarer Zeit für die Retrospektive kann auch eine weitere Iteration (Arbeit in Kleingruppen und Vorstellungen) durchgeführt werden. Da jeder Teilnehmer nur einen Ballast aufgeschrieben hat und es möglicherweise Doppellungen gibt, sollten sich bei der zweiten Iteration die Zweier-Gruppen gegebenenfalls zu größeren Gruppen zusammenschließen.
Für die Entwicklung effektiver Maßnahmen haben wir ein paar Tipps in einem separaten Artikel zusammengefasst: „Maßnahmen, die verändern“.
Am Ende der Retrospektive empfiehlt es sich, das Team dazu zu motivieren, ihre Box mitzunehmen und in ihrem Team-Raum aufzustellen!
Variationen und Bewährtes
Die „Open-the-Box“-Methode kann und sollte individuell auf das jeweilige Team und die Gegebenheiten angepasst werden. Hier einige Tipps aus unserer Erfahrung:
- Bei einer geringen Teilnehmerzahl (< 6 Personen) kann der Schritt „Ballast identifizieren“ statt in Kleingruppen auch gemeinsam als offene Diskussionsrunde unter der Fragestellung „Was soll in die Box aufgenommen werden?“ gestaltet werden.
- Keine Papp-Box zur Hand? Statt einer realen Papp-Box kann auch eine Box auf einem Flipchart oder (besser) einer Metaplanwand gezeichnet werden. Unsere Empfehlung ist allerdings, eine reale Box zu nutzen, da diese noch greifbarer für das Team ist.
- Die erstellte Box kann auch in einer späteren Retrospektive genutzt werden, um die definierten Arbeitsweisen und Werkzeuge nochmal zu reflektieren.
- Manchen Teams fällt es anfänglich schwer, ihre Arbeitsweise und das, was sie als Team ausmacht, auf Inhalte einer Box zu projizieren. Das ist etwas ganz Normales und oftmals steckt gerade für diese Teams ein großer Erkenntnisgewinn darin, ihre Gedanken explizit zu formulieren und greifbar zu machen. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, bei der Moderation mögliche Perspektiven wie Zusammenarbeit, Prozesse und Werkzeuge bei der Anmoderation explizit zu benennen und nicht bloß abstrakt von „alles, was euer Team ausmacht“ zu sprechen.
Blogreihe zu Retrospektiven
Dieser Artikel ist Teil unserer Blogserie, in der wir Praxiserfahrungen und Hintergrundwissen zu Retrospektiven und bewährten Methoden teilen möchten. Folgende Teile sind bereits erschienen oder erscheinen in den nächsten Tagen:
Teil 1: Retrospektiven – Team-Beschleunigung hoch zwei
Teil 2: Maßnahmen, die verändern und den Wirkungsgrad von Retrospektiven erhöhen
Teil 3: Heute schon gemuckert? Mucker-Karten-Retrospektive
Teil 4: Lean Coffee – Zeit für ein gutes Gespräch
Teil 5: 5 Tipps für eine effektive Retrospektive
Teil 6: High-Performance-Team-Retrospektive
Teil 7: Effektive Retros mit der 4G-Methode
Teil 8: Open-the-Box-Retrospektive
Teil 9: Halloween-Retrospektive in 5 Schritten
Teil 10: Alle Jahre wieder: Die Nikolaus-Retrospektive
Teil 11: Retrospektiven Abschluss
Autor:Innen
Impulse & Erfahrungsberichte aus unseren Projekten
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